Dennoch müssen sich die Unternehmen auf den Ausstieg der Briten aus der EU vorbereiten – sei es nun mit oder auch ohne ein Abkommen. Im ersten Fall wird ein Zeitfenster von knapp zwei Jahren bis Ende 2020 festgeschrieben, während dem keinerlei Änderungen der aktuellen Mitgliedschaft des VK in der EU auftreten werden. „So haben Unternehmen Zeit sich auf neue Bestimmungen einzustellen. Voraussetzung ist aber, dass die endgültigen Übereinkünfte zügig erzielt werden. Ansonsten schreibt sich die Unsicherheit bis 2020 weiter fort. Insbesondere der „Back Stop“ hinsichtlich der Grenze zwischen Irland und Nordirland bedarf einer Lösung zwischen der EU und dem VK“, führt Armin Heider, Bereichsleiter International der IHK Bonn/Rhein-Sieg, aus.
Sollte es zu einem „harten Brexit“, einem Ausscheiden des VK zum 30. März 2019 kommen, ist Eile geboten. Heider: „Beispielsweise haben verschiedene Banken, Versicherungen oder auch Fluggesellschaften aus dem VK einen Sitz in Irland eröffnet, um auch nach einem „Hard Brexit“ den Markt der Europäischen Union bedienen zu können. Aber auch mittelständische Unternehmen sollten sich auf einen möglicherweise ungeregelten Austritt vorbereiten.“ Zur Vorbereitung zählen beispielsweise die Analyse der Lieferketten, die Berücksichtigung der Zolltarife beim Import, die Prüfung von Präferenzabkommen bezüglich der Einhaltung von Ursprungsregeln oder die Anpassung der Lagerhaltungskapazitäten. „Unternehmen müssen sich auch auf eine höhere Volatilität des Wechselkurses einstellen, mögliche Zertifizierungen berücksichtigen und selbstredend zuallererst bestehende Verträge und Klauseln insbesondere längerfristiger Verträge kontrollieren“, so Heider.
Große Probleme würden auf das Transportwesen und die Warenkontrolle im Vereinigten Königreich zukommen. „Wo heute 500 Lkw täglich aus dem Drittland zolltechnisch abgefertigt werden, würden bei einem ungeregelten Austritt künftig mindestens 10.000 Ein- und Ausfuhren pro Tag abgefertigt werden müssen“, ergänzt Tobias Imberge, Außenhandelsexperte der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Kilometerlange Warteschlangen und sehr lange Abfertigungszeiten würden zumindest zu Beginn der Austrittszeit eine harte Bewährungsprobe an Speditionen und deren Fahrer legen: „In einer Branche, wo heute schon Fahrermangel besteht, werden die Speditionen Fahrten in das VK nur zu deutlich höheren Konditionen anbieten können – wenn sie die Insel denn überhaupt noch anfahren möchten.“ Besonders bei lang laufenden Verträgen, der strategischen Planung oder bei Investitionen seien zwei Jahre Vorbereitungszeit nicht ausreichend. Heider: „Wenn weiterhin Unsicherheit besteht, bleiben Investitionen aus, weil zum Beispiel Anschaffungen verschoben werden. Dies hat Langzeitfolgen für das Wachstum und den Wohlstand. Hier ist die Politik gefordert.“
Die Abstimmung am 15. Januar könnte im Unterhaus aber auch wieder in einer Verschiebung münden. „Bei einer Ablehnung bekommt May die Chance, binnen drei Tagen einen verbesserten Entwurf, eine „Plan B“ zu erstellen, der dann mit der EU abgestimmt werden muss“, sagt Heider weiter: „Ergänzungen zu dem Abkommens-Entwurf wurden und werden im UK-Parlament in den vergangenen vier Tagen explizit mit diskutiert. So könnte es zu einer Ergänzung des Vertrags mit einer „Wunschliste“ der Parlamentarier kommen.“ Über den ergänzten „Plan B“ würde dann voraussichtlich am 21. Januar im Unterhaus abgestimmt. Heider: „Auch hier bleibt abzuwarten, ob dies dann das Ende der Verhandlungen oder nur der Start der nächsten Diskussionen ist.“
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