„Webinar“ – Droht bei Verwendung des Begriffs rechtlicher Ärger?

Seit Kurzem häufen sich im Internet Warnungen von Berufs- und Interessenverbänden sowie Kanzleien, den Begriff „Webinar“ nicht mehr für die Bewerbung von Online-Seminaren zu verwenden. Hintergrund dieser Warnung ist der Umstand, dass der Begriff „Webinar“ seit 2003 und vorerst bis 2023 als eine beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Wortmarke geschützt ist. Die Wortmarke „Webinar“ beansprucht u. a. für die folgenden Dienstleistungen Schutz: Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen.

Daher besteht die Gefahr, dass, wer seine Online-Seminare unter Verwendung des Begriffs „Webinar“ anbietet, vom Markeninhaber abgemahnt und auf Unterlassung sowie möglicherweise auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Der Markeninhaber hat aufgrund der Markeneintragung das ausschließliche Recht, die Marke zur Bezeichnung der geschützten Dienstleistungen zu verwenden und kann es Dritten untersagen, ohne seine Zustimmung ein mit der Marke identisches Zeichen für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu benutzen.

Die Verwendung des Begriffs „Webinar“ hat sich jedoch im deutschen Sprachgebrauch mittlerweile eingebürgert und sogar Eingang in den Duden gefunden, weshalb sich mit sehr guten Argumenten vertreten lässt, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Für rein beschreibende Zeichen können nämlich keine Ansprüche wegen vermeintlicher Verwechslungsgefahr durch den Markeninhaber geltend gemacht werden. Zudem sieht das Markengesetz eine Rechtfertigung der Verwendung geschützter Marken vor, wenn der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt und diese daher von Dritten für die Kennzeichnung von Merkmalen oder Eigenschaften von Waren und Dienstleistungen gebraucht wird. Folgerichtig kann auch die Löschung einer eingetragenen Marke verlangt werden, wenn eine geschützte Bezeichnung zur gebräuchlichen Bezeichnung für Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist. Bisher ist jedoch nicht ersichtlich, dass bereits ein solcher Antrag auf Verfall der Marke von Dritten gestellt wurde.

Obgleich sich damit im Falle einer Abmahnung stichhaltiges Argumentationspotenzial für eine erfolgreiche Verteidigung ergibt, zeigen ähnliche Sachverhalte, dass einige Gerichte auch bekannte und geläufige Bezeichnungen für schutzwürdig erachten.

Parallelen zum jüngst entschiedenen „MALLE“-Fall

Ein Unternehmer aus Hilden hatte sich beispielsweise die Bezeichnung „MALLE“ als europäische Wortmarke schützen lassen und ging damit gegen einen Partyveranstalter aus Erlangen vor, der unter dem Stichwort „Malle auf Schalke“ Schlagerpartys bewarb und veranstaltete. Das Landgericht Düsseldorf bejahte einen Unterlassungsanspruch des Markeninhabers gegen den Partyveranstalter und insbesondere die markenmäßige Benutzung der Bezeichnung „MALLE“. Diese werde nicht rein beschreibend verwendet, da ein Bezug des Begriffs zu bestimmten Veranstaltern, Sponsoren oder Lizenzgebern erkennbar sei (LG Düsseldorf, Urteil vom 29.12.2019, Az.: 38 O 96/19).

Der Erlanger Partyveranstalter hatte parallel zu seiner Verteidigung im Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf jedoch einen Löschungsantrag beim europäischen Markenamt (EUIPO) gestellt. Er hatte damit Erfolg (EUIPO, Beschluss vom 18.05.2020, Az.: 32 783 C). Das EUIPO begründete seine Entscheidung damit, dass die Bezeichnung „MALLE“ mit der Urlaubsinsel Mallorca assoziiert werde und in den deutschen Sprachgebrauch Eingang gefunden habe. Es führte ebenfalls an, dass auch der Duden den Begriff als Abkürzung für die spanische Insel Mallorca aufweise. Die Marke habe insofern beschreibenden Charakter und sei folglich nicht unterscheidungskräftig. Für die deutsche Wort-/Bildmarke „MALLE“ ist jedoch noch ein Klageverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf anhängig, das noch nicht entschieden wurde.

Dieser Fall verdeutlicht, wie unterschiedlich Gerichte und Behörden vermeintlich eindeutig beschreibende Marken zum Teil beurteilen.

Empfehlungen der Interessenverbände

Deshalb, und weil im Internet bereits Informationen zu ersten Abmahnungen durch den Inhaber der Wortmarke „Webinar“ kursieren, empfehlen verschiedene Berufs- und Interessenverbände ihren Mitgliedern, vorerst auf die Verwendung des Begriffs „Webinar“ zu verzichten. Als alternative Bezeichnungen werden die Bezeichnungen Online-Event, Online-Kurs, Online-Seminar, webgestütztes Seminar oder webgestützte Vortragsveranstaltung vorgeschlagen.

Fazit

Wer sicher sein und das Risiko einer rechtlichen Auseinandersetzung vermeiden will, sollte vorerst auf solche alternativen Bezeichnungen ausweichen, um sich möglichen Abmahnärger wegen Verwendung des Begriffs „Webinar“ zu ersparen. Wer jedoch, beispielsweise wegen vergangener Werbung, wegen Verwendung der Bezeichnung „Webinar“ abgemahnt wird, hat gute Argumente für eine am Ende erfolgreiche Verteidigung auf seiner Seite.

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