ATT, das Apple ab dieser Woche umsetzen will, verpflichtet Anbieter von Apps zukünftig, standardmäßig ein Opt-In-Fenster anzuzeigen, wenn Nutzerdaten verarbeitet werden sollen. Hier müssen sie den Usern nach den Vorgaben von Apple erläutern, warum sie sie tracken wollen. Apps ohne ATT will Apple nicht mehr genehmigen.
Durch diese einseitig auferlegten Maßnahmen schließt Apple faktisch alle Wettbewerber von der Verarbeitung kommerziell relevanter Daten im Apple-Ökosystem aus. Gleichzeitig nimmt der Konzern seine eigenen (Werbe-)Dienste jedoch von den geplanten Änderungen aus und sammelt selbst erhebliche Mengen Nutzerdaten.
Die Verbände sehen darin den Versuch, der Werbewirtschaft den Zugriff auf wettbewerbsrelevante Daten in unzulässiger Weise zu erschweren. Dies ist aufgrund der europäischen Datenschutzvorgaben nicht notwendig und gefährdet gleichzeitig die Medienvielfalt. Die Beschwerdeführer stützen sich insbesondere auf neue Vorschriften im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Anfang des Jahres in Kraft getreten sind und dem Bundeskartellamt ein effektiveres Durchgreifen gegen Missbrauchsverhalten von dominanten Plattformunternehmen wie Apple ermöglichen. Die Verbände haben für ihre Beschwerde die auf Medien und Kartellrecht spezialisierte Kanzlei Hausfeld beauftragt.
Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um ein breites Bündnis aus Verbänden der deutschen Medien- und Kommunikationswirtschaft, das unter dem Dach des ZAW unter anderem die folgenden Organisationen umfasst:
• Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung e.V.,
• BDZV – Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V.,
• Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.,
• OMG e.V. Organisation der Mediaagenturen,
• Markenverband e.V.,
• Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM),
• VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. sowie
• Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
Zu den Mitgliedern der Verbände zählen führende Medienanbieter, Online-Vermarkter, Media- und Werbeagenturen, Werbungtreibende und Institutionen neutraler Sozial- und Marktforschung. Die Beschwerde vereint die gesamte Werbe- und Medienwirtschaft in Deutschland hinter sich.
Zum Hintergrund:
Insbesondere Online-Werbung auf mobilen Endgeräten hat sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt. Zu diesem Erfolg hat unter anderem beigetragen, dass die Werbung in hohem Maße auf die tatsächlichen Interessen und Bedürfnisse der Nutzer angepasst ist und ihnen so entsprechende Mehrwerte bieten kann und als relevanter empfunden wird.
Durch das Programm „App Tracking Transparency“ wird die jahrelange Symbiose aus App-Entwicklern, Werbungtreibenden, Werbevermittlern gefährdet und ein Paradigmenwechsel zu Gunsten Apples eingeleitet, in dessen Folge auch Verbraucherinteressen beeinträchtigt werden.
Zum Vorgehen von Apple:
• Zusätzlich zu der bereits von den App-Entwicklern eingeholten Einwilligung wird Apple diese künftig dazu verpflichten, eine weitere, von Apple vorgegebene Erklärung anzuzeigen, wenn sie diese verschiedene Nutzerdaten zusammenführen möchten. Wenn App-Entwickler dem nicht entsprechen, werden ihre Apps aus dem App-Store entfernt.
• Der von Apple vorgegeben Informationsgehalt der Erklärung ist so oberflächlich gehalten, dass App-Entwickler ihre Nutzer nicht ausreichend über die Zwecke der Datenverarbeitung aufklären können. Diese Aufklärung ist aber eine zentrale Vorgabe des Datenschutzrechts, die durch diesen neuen Prozess, der vollkommen entkoppelt ist, nicht mehr gewährleistet werden kann.
• Die Vorgaben von Apple sind suggestiv ausgestaltet, wodurch zu befürchten ist, dass die große Mehrheit der Nutzer keine Zustimmung zur Verarbeitung der Daten erteilen wird. Und dies sogar dann, wenn sie zuvor nach individueller, umfangreicher Aufklärung bereits ihre Einwilligung erteilt hatten. Zudem können Nutzer diese Entscheidung – z. B. nach erneuter Aufklärung der allseitigen Vorzüge der Zusammenführung der Daten – nur schwer revidieren.
Im Ergebnis schließt Apple durch die einseitig auferlegten Maßnahmen faktisch alle Wettbewerber von der Verarbeitung werberelevanter Daten im Apple-Ökosystem aus.
Damit schadet Apple Verbrauchern, Anbietern von Medieninhalten und Konkurrenten:
• Ersten Markterhebungen zufolge werden die Werbeeinnahmen der App- Entwickler signifikant sinken und damit gerade kleinere Anbieter in ihrer Existenz bedroht.
• Verbrauchern wird eine geringere Auswahl solcher Apps zur Verfügung stehen, viele davon werden künftig für sie entweder kostenpflichtig werden oder mehr, für die Verbraucher inhaltlich weniger relevante, unpassende Werbung enthalten.
• Die Presse-, Medien- und Rundfunkvielfalt wird stark reduziert, weil die zentrale Finanzierungsquelle zahlreicher Inhalteanbieter entfällt.
• Für Werbungtreibende wird es schwieriger, für ihre Produkte und Dienstleistungen effektiv zu werben. Werbevermittler verlieren mangels Zugang zu notwendigen Daten ihre Existenzgrundlage.
Gegen die Art und Weise, wie Apple der gesamten Medien- und Werbewirtschaft diesen Systemwechsel aufzwingt, richtet sich die aktuelle Beschwerde.
Mit dieser Beschränkung der Konkurrenz verschafft sich Apple einseitige Vorteile.
• Der Konzern nimmt seine eigenen datenverarbeitenden (Werbe-)Dienste von den geplanten Änderungen aus und sammelt selbst erhebliche Mengen Nutzerdaten.
• Im Zusammenhang mit der Einführung der „App Tracking Transparency“ hat Apple sein eigenes Angebot an datenbasierter Werbeleistungen erheblich ausgebaut, z.B. durch weitere eigene Werbeflächen, die Werbekunden zur Verfügung gestellt werden. Diese werden durch ATT zum unverzichtbaren Werbekanal in Apples geschlossenem Ökosystem.
• Gleichzeitig stärkt Apple seine eigenen Apps wie Apple Music und News, die gegenüber werbefinanzierten Anbietern Marktanteile gewinnen können. Wenn Apps mangels effektiver Werbemöglichkeiten auf kostenpflichtige Abonnement- Modelle umgestellt werden müssen, erhält Apple zudem eine Provision in Höhe von i.d.R. 30 Prozent für alle Verkäufe digitaler Inhalte.
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