Rückgang von Bargeldnutzung und -verfügbarkeit
Bargeld ist bei Verbraucher*innen nach wie vor ein beliebtes Zahlungsmittel – es ist barrierefrei, egalitär und anonym. Dennoch haben Digitalisierung und ein Mentalitätswandel während der Corona-Pandemie den Bargeldeinsatz in Deutschland stark zurückgedrängt. Gerade im Handel sind durch verstärkte Kartenzahlung im Jahr 2020 mehr als 70 Milliarden Euro Bargeld weniger eingesetzt worden als im Vorjahr. Hinzu kommt der Rückbau der Geldautomaten seitens der Geschäftsbanken und damit verbunden eine Reduzierung der Verfügbarkeit von Bargeld, die wiederum digitale Zahlungsmittel begünstigt.
Weniger Bargeld im Umlauf bedeutet, dass die Kosten für das Bargeldhandling steigen. Einzelhändler müssen beispielsweise Gebühren in bisher nicht dagewesener Höhe entrichten, wenn sie ihre Bargeldeinnahmen einzahlen wollen. Damit wird Bargeldnutzung zu einem signifikanten Kostenfaktor und Händler motivieren Ihre Kund*innen wiederum zu Kartenzahlungen – damit wird eine Spirale in Gang gesetzt.
Gefahren einer „Cashless Society“
Schweden ist eines der Länder, in dem die Bargeldnutzung schon weit zurückgedrängt ist. Der Bargeldumlauf im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt liegt dort bei 1,2 Prozent. Im Vergleich: in der Eurozone liegt er durchschnittlich bei 11 Prozent. Diese Entwicklung hat sich mit der Zeit verselbstständig. Die britische Gruppe „Access to Cash“ sieht eine „schlafwandlerische Entwicklung hin zu einer bargeldlosen Gesellschaft" wodurch vor allem vulnerable Gruppen zunehmend ausgeschlossen werden – denn nicht Jede*r kann oder möchte digitale Zahlungsmittel nutzen. Auch die Schwedische Nationalbank sieht hier eine problematische, sich verselbstständigende Entwicklung und die Gefahr, dass die Öffentlichkeit ab einem bestimmten Kipp-Punkt keinen Zugang mehr zu staatlich emittiertem Geld hat. Vor diesem Hintergrund hat das schwedische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das der Riksbank ab Januar 2023 eine klarere und teilweise erweiterte Verantwortung für die Bargeldinfrastruktur in Schweden gibt.
Politischer Handlungsdruck zur Aufrechterhaltung des Bargeldkreislaufs
Die AG Geldautomaten setzt sich dafür ein, dass gerade auch politisch ein Rahmen für den Erhalt und die Resilienz des Bargeldkreislaufes gesetzt wird.
1.) Refinanzierbarkeit der Bargeldinfrastruktur sicherstellen: aktuell ist es den unabhängigen Betreibern von Geldautomaten kaum noch möglich, die Kosten für ihre Geschäftstätigkeit zu decken. Grund hierfür ist vor allem die Marktmacht von VISA und Mastercard, die es ihnen erlaubt, Gebühren einseitig zu diktieren. Da 70% der Transaktionen in unseren Automatennetzwerken über VISA und Mastercard abgewickelt werden, steht unsere Branche durch die Gebührenpolitik dieser internationalen Konzerne massiv unter Druck. Hier müssen kartell- und finanzpolitische Lösungen erarbeitet werden.
2.) Universelle Einzahlungen möglich machen: Bargeldeinzahlungen an „Fremdautomaten“ anderer Banken / Anbieter sind für Verbraucher*innen aufgrund geldwäscherechtlicher Identifizierungs-pflichten nicht möglich. Analog zum Vorgehen in Großbritannien wäre zu überlegen, die gegenseitige Akzeptanz von Einzahlungen bis z.B. € 5.000 – auch von Drittanbietern – gesetzlich zu erlauben. Dies könnte insbesondere im ländlichen Raum zu einem Erhalt der Leistungen im Bereich Bargeldversorgung führen, da die Möglichkeit der universellen Einzahlung zu einer größeren Kosteneffizienz beiträgt.
3.) Kosten für Bargeldannahme senken: Die Kosten für die Annahme von Bargeld seitens der Banken sind in den letzten Jahren stark gestiegen, was in mehr Kartenzahlungen resultiert. Dieser vom Markt gesteuerte Mechanismus führt zu einem Schwund des im Umlauf befindlichen Bargelds und trägt zum Versiegen der Bargeldströme bei. Ein Ansatz, um diesen Prozess aufzuhalten wäre eine Ausweitung des Services der Bundesbank in diesem Bereich, insbesondere die Münzannahme spielt hier eine wichtige Rolle.
Quellen: Sweden’s cashless society dream isn’t all it’s cracked up to be | WIRED UK, Wie es im bargeldlosen Schweden läuft-handelsjournal, The new Sveriges Riksbank Act clarifies the Riksbank’s responsibilities | Sveriges Riksbank; Bargeldeinsatz sinkt um mehr als 70 Milliarden Euro (faz.net)
Die AG Geldautomaten vertritt die Interessen der unabhängigen Geldautomatenbetreiber in Deutschland. Zu ihren Mitgliedern zählen Unternehmen, die dort Geldautomaten betreiben, wo Kunden Bargeldbedarf haben, vor allem in den Innenstädten und in ländlichen Regionen.
Die 2010 gegründete Arbeitsgemeinschaft ist mit ihrem Know-how und Erfahrungsschatz eine kompetente Ansprechpartnerin rund um das Thema Bargeldversorgung. Im Zentrum stehen die verlässliche flächendeckende Verfügbarkeit von Bargeld, die Infrastruktur von Geldautomaten sowie alle technischen und regulativen Fragestellungen. Die AGG-Mitglieder, darunter Cardpoint, IC Cash Services, die Raisin Bank AG und transact Elektronische Zahlungssysteme, haben bundesweit einen Marktanteil von rund zehn Prozent. Ihre ca. 5.000 Geldautomaten sind an sogenannten Drittstandorten platziert – also in Innenstädten, Stadtrandlagen sowie ländlichen Regionen.
Die AG Geldautomaten dient dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch und der Vertretung der Mitgliederinteressen in Verwaltungs- oder Gesetzgebungsverfahren. Die AGG, die von Dr. Kersten Trojanus und Mirko Siepmann als Sprecher vertreten wird, soll den Dialog mit Medien und Politik rund um die Themen Geldautomaten-Infrastruktur und Verfügbarkeit von Bargeld intensivieren. Sie will sowohl bei technischen als auch regulativen Fragestellungen beraten und die Bedeutung des flächendeckenden Bargeldzugangs ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.
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