Ärztinnen und Ärzte müssen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Behandlung eine Patientenakte führen. Damit kommen sie ihrer Dokumentationspflicht nach. Diese Dokumentation muss sämtliche für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse enthalten. Dazu gehören
• Anamnese,
• Diagnosen,
• Untersuchungen und deren Ergebnisse,
• Befunde,
• Therapien sowie Eingriffe und ihre Wirkungen,
• Einwilligungen und Aufklärungen.
Die Dokumentationspflicht dient in erster Linie dem Patientenrecht. Für Behandelnde jedoch ist sie beispielsweise in einem Haftungsprozess oder in Abrechnungsstreitigkeiten von großer Bedeutung.
Hintergrund
Im Zweifel können die Richter bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation unterstellen, dass ein Arzt medizinisch gebotene wesentliche Maßnahmen nicht eingeleitet und Ergebnisse nicht eingeholt hat. Überdies folgt daraus die Beweislastumkehr – und zwar in dem Sinne, dass die Leistungen des Arztes als nicht erbracht gelten. In diesem Fall muss dann der Mediziner beweisen, dass er doch geleistet hat.
So sehen es die Richter
Das Sozialgericht (SG) München hatte in einem Abrechnungsfall zu entscheiden, bei dem außer der Angabe der Leistungsziffer keine weitere Dokumentation erfolgte (Urteil vom 4. Mai 2023, S 38 KA 180/20). Das SG sagt, dass die Angabe einer Gebührenordnungsposition nicht ausreicht. Aus dem bloßen Ansatz folge nicht, dass der Arzt die Leistung erbracht hat. Ärztinnen und Ärzte müssen so dokumentieren, dass ein fachkundiger Außenstehender ohne Weiteres die Lage beurteilen kann – insbesondere, ob die jeweiligen Leistungsbestandteile erfüllt sind.
Kein automatischer Start der Jahresfrist für eine Rücknahme des Honorarbescheids
Die Richter des SG München entschieden auch: Schickt ein Arzt nachträglich Unterlagen an die zuständige Behörde, löst er damit nicht automatisch den Beginn der Jahresfrist für eine Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit aus. Erforderlich für den Fristbeginn ist die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Entscheidung der Behörde relevant sind. Das ist jedoch erst dann der Fall, wenn die Behörde die Unterlagen vollständig gesichtet und ausgewertet hat. Je komplexer die Sach- und Rechtslage ist, umso länger darf die Behörde auch die Unterlagen prüfen.
Das sollten Sie beachten
„Behandelnde sollten zeitnah alle durchgeführten Maßnahmen vollständig dokumentieren. Nur so kommen sie ihren Dokumentationspflichten nach und können bei Streitigkeiten – sei es mit Patientinnen und Patienten oder mit den Krankenkassen – die durchgeführten Maßnahmen beweisen“, erklärt Dr. Verena Alvez, Rechtsanwältin bei Ecovis in München. Sie müssen sonst damit rechnen, dass die Beweislast umgekehrt ist. Das bedeutet: Die Mediziner müssen nachträglich darlegen, dass sie alle Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt haben. „Im Fall des Falles kann das ein Problem sein“, sagt Alvez.
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