Mitgliederbindung in Verbänden – wie erreicht man eine größere Mitgliederzufriedenheit?

Harald Lehmann: Herr Bosse, Sie haben unterschiedliche Erfahrungen im Verbandswesen gemacht: einerseits bei Industrie- und Handelskammern (IHK) mit Pflichtmitgliedschaft, und haben anderseits erfolgreich eine deutsche Auslandshandelskammer (AHK) von einem fast reinen Beratungsunternehmen in eine Mitgliederorganisation verwandelt.
Was sollten Organisationen mit freiwilliger Mitgliedschaft beachten?

Lars Bosse: Ich muss erst einmal vorausschicken, das die Veränderung bei der AHK Polen einem gewissen Druck von zehn großen deutschen Unternehmen entsprungen ist, die bereits vor meiner Arbeitsaufnahme gedroht hatten, öffentlichkeitswirksam auszutreten. Zudem gab es im Vorstand der Kammer eine große Bereitschaft, neue Wege gehen zu wollen.

Wir haben in mehren Stufen mit Mitglieder-Befragungen, mit den Ergebnissen der neu eingeführten Ausstiegsinterviews und einer Mitarbeiterarbeitsgruppe aus allen Bereichen der AHK einen Masterplan entwickelt. Dieser wurde regelmäßig überprüft und angepasst. Letztendlich ist uns der Wechsel gelungen, jedoch ohne die Aufgabe, als Consultingbüro zu arbeiten, aufzugeben. Im Gegenteil, auch hier sind wir neue Wege gegangen, die unsere wirtschaftliche Basis gestärkt haben. Auch ein wichtiger Faktor.

Harald Lehmann: Das klingt jetzt alles sehr verwoben. Wo war der Einstieg?

Lars Bosse: Sie haben recht, dass dies zunächst verwirrend klingt – es hängt alles eng miteinander zusammen. Die wichtigsten Faktoren sind das Image, die Positionierung und Markenbildung, gefolgt von der externen Kommunikation und der Wirtschaftskraft des Verbandes. Diese drei Bereiche tragen schon mehr als ein Drittel zum Verbandserfolg bei. Mit den nächsten beiden Punkten Organisationspolitik/-strategie und Führungskompetenz des Managements ist man schon bei über 50 Prozent der Erfolgsfaktoren.

Wir hatten das Glück, über ausreichend Finanzmittel verfügen zu können sowie beim Management erfahrene Personen im Team zu haben und im Bereich der Kommunikation neue zu verpflichten.

Harald Lehmann: Wenn Sie diese Punkte ansprechen, so werden viele Organisationen dies von sich behaupten. Gerade die IHKs verfügen doch über erhebliche finanzielle Mittel. Was war anders?

Lars Bosse: Wir haben sowohl unsere Kommunikation als auch unsere Angebotspalette neu ausgerichtet. Wir nahmen einen Perspektivenwechsel vor: Formal ist zwar das Unternehmen Mitglied, aber wir haben den Unternehme in den Mittelpunkt unserer Ansprache gestellt. Und nicht nur ihn allein, sondern auch die zweite und dritte Leitungsebene mit einbezogen: die Buchhalter, die Verantwortlichen für Personalwesen und für Marketing und weitere. Damit war die Mitgliedschaft nicht mehr ein reines „Chef“-Thema, sondern ein Thema der Unternehmensführung. Wir haben die Personen über die Geldbörse und das Herz angesprochen: Die Mitgliedschaft sollte werthaltig sein und einen Stolz ausdrücken, in dieser exklusiven Vereinigung „mitmischen“ und vor allem anerkannt zu sein, etwas bewegen zu können.

Harald Lehmann: Hieraus ergibt sich die Frage, was haben Sie denn den Unternehmern an neuen Leistungen angeboten?

Lars Bosse: Wir haben uns von den ausschließlich nachfrageorientierten Angeboten verabschiedet. Die vielen Mitglieder hatten zu verschiedene und zu unterschiedlich gewichtete Anforderungen. Das konnten wir nicht erfüllen, ohne uns zu zerreiben. Stattdessen identifizierten wie drei Zielgruppen bei den (potentiellen) Mitgliedern identifiziert und boten ihnen jeweils spezielle Nutzen an.

Dadurch ist es uns Stück für Stück gelungen, die Erwartungen sowohl an die Leistungserbringung als auch an die Organisationsform in ein solches Gleichgewicht zu bringen, dass die Unzufriedenheitsrate von knapp zehn Prozent in 2004 auf rund 2,5 Prozent in Jahreszahl sank. Ferner konnten wir – besonders durch den regionalen Ansatz – die Mitgliederzahl weiter steigern.

Harald Lehmann: Mitgliederzahl steigern – da werden viele hellhörig. Was haben Sie getan, um neue Mitglieder zu finden?

Lars Bosse: Wir hatten da eine ganz einfache Idee: Wir kauften beim statistischen Hauptamt Polens eine Liste aller Firmen mit ausländischem Kapital und haben sie in ca. zwölf Monaten systematisch durchgearbeitet. Am Ende hatten wir rund 2000 deutsche Unternehmensbeteiligungen in Polen identifiziert und geprüft. Das heißt, unsere Zielgruppe war nicht nur beschrieben, sondern auch namentlich bekannt.

Wir starteten dann 2007 ein Besuchsprogramm bei unseren aktiven und potentiellen Mitgliedern. Rund 800 Unternehmensbesuche haben wir jährlich in den jeweiligen Woiwodschaften realisiert.

Harald Lehmann: Das bedeutet aber noch nicht, dass Besuche sofort neue Mitglieder bringen oder bestehende Mitgliedschaften erhalten.

Lars Bosse: Das ist richtig. Bei einer Matrix von emotionaler Bindung und Zufriedenheit war es unser Ziel, aus der Gruppe der sogenannten „Gefangenen“ und „Söldner“ möglichst viele zu „Sympathisanten“ zu machen. Konkret heißt das, bei der Gruppe der „Gefangenen“ die Zufriedenheit zu erhöhen und bei den „Söldnern“ die emotionale Abhängigkeit zu vergrößern.

Harald Lehmann: Was haben Sie gemacht?

Lars Bosse: Hier kommt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ins Spiel: Wir haben unsere Mitgliederzeitung in ein Magazin umgewandelt, bepreist und auch über den polnischen Zeitschriftenhandel vertrieben. Außerdem ließen wir das Magazin über einen Partner polenweit in hochwertigen gastronomischen Betrieben auslegen. Des Weiteren haben wir die Kommunikation mit den Medienvertretern verbessert und uns zum Ansprechpartner für alle deutsch-polnischen Wirtschaftsfragen etabliert. Damit nahmen uns die Mitglieder auch in den regulären tageaktuellen polnischen Medien war. Unser Image wuchs. Das führte dazu, dass uns die vier großen polnischen Wirtschaftsverbände einluden, in ihrer losen Zusammenarbeit als –kleiner, aber gleichwertiger – Partner mitzuwirken. Das kostete zwar Geld, aber war durch Auftritte im polnischen Sejm, in der polnischen „Bundespressekonferenz“ oder in Hintergrundgesprächen mit Ministern durchaus gerechtfertigt. Und durch die gleichzeitig verbesserte engere Kommunikation mit den großen und mittleren Mitgliedsunternehmen hatte ich etwas Substanzielles in die Runden einzubringen und wurde als Deutscher gehört.

Harald Lehmann: Und damit konnten Sie Mitgliederinteressen besser vertreten.

Lars Bosse: Richtig. Wir konnten beispielsweise in der ersten Wirtschaftskrise 2009 mit einer Besprechung in Form einer Konferenz für die Unternehmen in den Sonderwirtschaftszonen eine große Erleichterung erreichen: eine zeitweise Aussetzung der vertraglichen Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern zu beschäftigen, um von der Unternehmenssteuer befreit zu bleiben und nicht für die letzten fünf Jahre einen Bescheid zur Steuernachzahlung zu erhalten. Sowohl Ministerium als auch Unternehmen haben uns als Anwalt ihrer Interessen wahrgenommen, und so konnte ein für beide Seiten tragbarer Kompromiss erreicht werden.

Harald Lehmann: Und solche innovativen Wege bindet Mitglieder.

Lars Bosse: Ja, und weckt Interesse bei potentiellen Mitgliedern. Diese emotionale Mitgliederbindung ist meiner Einschätzung nach die schwierigste und, sehr wichtig, nie abzuschließende Aufgabe. Der Grund dafür ist: Sie speist sich aus den Quellen der Globalzufriedenheit und dem Globalimage des Verbandes speist. Unser konsequentes Zielgruppenmanagement einerseits und die Markenführung anderseits haben uns in eine gute Position gebracht.

Harald Lehmann: Glauben Sie, dass so etwas auch in Deutschland möglich ist?

Lars Bosse: Dieser Ansatz kam ja mit mir aus Deutschland und basiert auf meinem Wissen und auf meinen Erfahrungen. Das ist keine Zauberei, sondern die Entwicklung eines Planes zur Zielerreichung und dann die flexible Umsetzung in vernetzten Einzelprojekten. Für den verantwortlichen Manager heißt dies, dass er alle Einzelprojekte zu kennen und miteinander abzustimmen hat. Die vielen Einzelprojekte müssen überwacht und ggf. der Mitarbeiter beraten werden, um sein Ziel zu erreichen.

Über den Bundesverband Mikrohaus e.V.

Der Bundesverband Mikrohaus ist der Zusammenschluss von Herstellern, Dienstleistern, Zulieferern und Nutzern von Mikrobauten aller Art: zu Lande, zu Wasser und „in der Luft“ (= Baum- oder Stelzenhäuser). Er will im deutschsprachigen Raum die (grenzüberschreitende) Zusammenarbeit stärken. Außerdem sollen die Öffentlichkeit, Verwaltungen und Politik für die Herausforderungen im Zusammenhang mit Mikrohäusern sensibilisiert werden. Deshalb setzen wir uns für eine optimierte Einbindung von Mikrohäusern in die Gesetz- und Normengebung ein. Der Bundesverband möchte erreichen, dass new housing & downsizing mehr ist als eine "Tiny House" Bewegung.

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