Vorstöße von Kassenärzten gegen Ungeimpfte laut Bundestagsgutachten rechtswidrig und kaum umsetzbar

Vorschläge der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in Berlin und Baden-Württemberg zur Sanktionierung von Patienten ohne eine in der EU zugelassene Corona-Schutzimpfung stünden nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags im Widerspruch zu dem gesetzlichen Versorgungsauftrag von Kassenärzten und wären in der Praxis rechtlich nicht umsetzbar. Das berichtet heute das Online-Magazin Telepolis, dem das Gutachten exklusiv vorlag.

Die Parlamentsexperten hatten auf Anfrage aus der Linksfraktion einen Vorstoß der beiden Vorsitzenden der KV Baden-Württemberg bewertet, die den Mitgliedern des Verbandes Mitte November empfohlen hatten, nicht geimpfen Patienten nur noch eine Sprechstunde für zehn Minuten anzubieten und außerhalb dieser Zeit die reguläre Behandlung zu verweigern.

Als nicht umsetzbar und rechtlich fragwürdig stuften die Bundestagsjuristen nun diesen und einen ähnlich gelagerten Vorstoß der KV Berlin ein. Diese hatte gefordert, nicht geimpfte Patienten, sollten sie wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden, einen Teil der Kosten in Rechnung zu stellen.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags sieht die von der KV Baden-Württemberg geforderte Einschränkung von Sprechzeiten nur als gesetzeskonform an, wenn sachliche Gründe vorliegen. Solange der Arzt Gefährdungen durch geeignete und zumutbare Schutzmaßnahmen beherrschen kann, (dürfe) er die Behandlung eines Patienten zum Beispiel wegen dessen Infektion mit SARS-CoV-2 nicht ablehnen.

Auch eine Kostenbeteiligung nach Krankenhausbehandlungen Ungeimpfter sei nicht rechtskonform, so die Bundestagsexperten. Nach dem Sozialgesetzbuch dürften in dem als Ausnahmen für Leistungsbeschränkungen nur bei medizinischen Behandlungen infolge von "ästhetische(n) Operationen, eine(r) Tätowierung oder eine(m) Piercing" gemacht werden.

In jedem Fall aber, so der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, müsse für Sanktionen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem vorsätzlichen Handeln und der Krankheit bestehen. Dies sei kaum zu belegen und „die Beweislast würde der Krankenkasse obliegen“.

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